Samstag, 20. Dezember 2014

Cluj-Napoca (Klausenburg)

Mehr als drei Wochen habe ich in dieser Stadt verbracht und wusste doch lange nicht, was ich über sie schreiben soll. Von Anfang an stand für mich die architektonische Mischung aus einigen Kommunismusbauten, größeren Statuen und schönen alten Gemäuern sowie die vielen Baustellen im Hintergrund. Viel prägnanter ist die bunte Atmosphäre mit dem Sprachengewirr, den ausgefallenen Cafes und alternativen Clubs, die nicht zuletzt dadurch entsteht, dass mindestens 1/3 der Bewohner Studenten sind. Von den umherliegenden Hügeln konnte man in Ruhe die ganze Stadt beobachten, tags wie nachts. Da wirkte sie auf mich viel größer als dass sie nur ca. 330.000 Einwohner hat und damit die zweitgrößte Stadt Rumäniens ist.

Während ich in der Kommune lebte, lernte ich eine junge Filmerin kennen, zwei Eurythmistinnen aus Bukarest, mehrere FSJler, ein paar deutschsprachige Weltreisende und viele "Hippies" oder einfach nur aufgeschlossene Musiker, Künstler und Reisende aus aller Welt kennen. Ich ging Salsa tanzen oder wurde in Cafes wie das "Samsara" (siehe Bild), in dem man sich erst mal die Schuhe ausziehen musste, und das "Atelier" mit nur recyceltem Mobiliar ausgeführt. 

Während der Semester findet man fast täglich spezielle Events wie kostenlose Flohmärkte ("nehmt mit was ihr braucht, gebt ab was ihr nicht mehr wollt"), Konzerte von bekannten Bands und kleinen Newcomern, alternatives Kino und vieles mehr...




Viele Studenten werden für Medizin oder andere NC-belastete Studienfächer aus aller Welt angezogen, französischsprachige Studiengänge ermöglicht es auch Afrikanern dort leichter einen Abschluss zu machen. Außerdem ist Cluj eine Stadt in der Roma, Rumänen, Sachsen und ethnische Ungarn miteinander leben und ihre Kulturen aufeinanderprallen.

Es hat mich immer wieder fasziniert stundenlang durch die Straßen zu laufen und all diese Eindrücke passiv auf mich wirken zu lassen. Noch einmal etwas aktiver wurde ich während meines zweiten Besuches, als ich mich in der dortigen Waldorfschule umschauen wollte und direkt eingebunden wurde. Ein paar Tage lang begleitete ich eine achte Klasse, insbesondere einen Schüler, der vorher auf einer deutschsprachigen Schule war und den ich versuchte ein bisschen zu unterhalten.


Die Schule ist bisher noch zur Hälfte staatlich unterstützt und bestimmt, weshalb sie auch einen Direktoren haben, der bereits mehrmals in Bremen war und mit dem ich mich gut (auf deutsch!) unterhalten konnte. Als Mathelehrer erzählte er mir von dem Phänomen, dass heute seine Schüler mehr als ein Jahr mit dem Stoff hinterher sind, weil sie zu viel an elektronischen Geräten hängen und dadurch unselbständiger denken. Auch an der Waldorfschule gab es Schüler und sogar Lehrer, die muttersprachlich Ungarisch sprachen, was immer wieder zu Konflikten führen kann.

Zurückblickend sehe ich Cluj als die Stadt, die die meisten gesellschaftlichen Gegensätze in sich vereint und vor Leben sprudelt. Wenn sie auch nicht nur hübsch anzuschauen ist, hat sie mich doch mit am meisten inspiriert!