Dienstag, 2. September 2014

Klara Gabor, "the rebel in a gypsy dress"

Über einige Umwege kam es dazu, dass Becky (20jährige reisende Amerikanerin) und ich durch die ganze Stadt und einen Hügel hinauf wanderten um eine Stunde mit Klara, einem 23 Jahre jungen Gypsy-Mädchen, zu verbringen. Sie spricht fließend Englisch und versucht mit Vorurteilen aufzuräumen, in dem sie, gegen einen kleine Bezahlung, solch spannende Gespräche bietet. Für Klara ist der Ausdruck "Gypsy" übrigens vollkommen OK und traditionell, sie findet "Roma" eher gekünzelt, aber Vorsicht: das sieht jede/r anders.

Sie selber heiratete mit 16Jahren und bekam mit 18 ihr erstes Kind, beides in ihrer Kultur tendenziell spät. Ihr 5jähriger Sohn lebt bei ihren Eltern, 2 Stunden Fahrt entfernt, denn inzwischen wohnt sie mit ihrem zweiten Mann und ihrer 5 Monate alten Tochter, sowie mit noch einigen weiteren (angeheirateten) Familienmitgliedern, in Cluj-Napoca. Sie alle gehoeren der Kaste (aus Indien stammend) der Metallarbeiter an. Außerdem hat sich Klara Nähen beigebracht und vertreibt bald vereinfachte Gypsy-Kleider im Internet, www.tzigania.com/storeromadress.html, damit auch Nicht-Gypsys in aller Welt Interesse entwickeln.

"Klara ist ein Freak"! 
...mögen ihre Bekannten sagen, denn sie ist gebildeter als ihre Frauen sein sollten.


Bildung: Die Mädchen dürfen traditioneller Weise nur 2-5 Jahre in die Schule gehen, Klara möchte ihrer Tochter trotzdem einen Highschoolabschluss ermöglichen. Wo die Eltern mehr Bildung elauben, reicht öfterdas Geld nicht oder die Töchter selbst wollen nicht. Die Jungen können weiter zur Schule gehen während die Mädchen auf ihr Hausfrauendasein vorbereitet werden. So kam es auch, dass Klara sich Englisch selbst beibrachte, mithilfe des (hier weit verbreiteten) englischen Fernsehens mit rumänischen Untertiteln. Was mich beeindruckt ist aber, dass wohl alle rumänischen Gypsys dreisprachig aufwachsen: Rumänisch, Ungarisch und Romani!

Kulturelemente können zwischen den Kasten sehr stark variiren, so wird z.B. in ihrer Kaste eher wenig Musik gemacht, in anderen steht Musik wiederum im Vordegrund. Es gibt andere Kasten wie die der Korbflechter, Pferdehaendler oder der Wald-Gypsys, und NIEMALS mischen sie sich untereinander, das würde Schande über die gesamte Familie bringen (mich beeindruckte ihre leichte Natürlichkeit mit der sie uns dies erklärte). Gemeinsam haben die Gypsys aber scheinbar alle, dass ihnen der Mainstream innerhalb der eigenen Kaste sehr wichtig ist: gehen die meisten zur Zeit in die katholische Kirche dann gehen dort alle hin, obwohl niemand wirklich weis, was die genauen Glaubensgrundlagen der gerade angesagten Kirche sind oder sie vielleicht überhaupt nicht gläubig sind.

Hochzeiten sind in ihren Kreisen weit nicht so wichtig wie bei uns, viele "heiraten" immer wieder, manch eine Ehe dauert nur wenige Tage bis Monate an und bricht dann auseinander, je mehr anstrengende Familienmitglieder im Haus, desto schneller. Nur die erste Hochzeit ist für die Mädchen interessanter, denn dort bekommen sie ihr erstes Tuch zur Haarbedeckung und eine bestimmte Frisur. Weitere Hochzeiten sind dann meist eher Sonntagsessen. In anderen, reicheren Kasten gibt es auch die bekannten großen, lauten Feiern mit 200-300 Gästen.


Dies ist so grob all das, was sie uns in der kurzen Zeit erzählen konnte und ich muss zugeben, dass ich noch nicht weiss, was ich darüber denke. Manchmal beneide ich Kulturen sehr um ihre Traditionen, wie Musik, bunte Kleidung und Feste, aber es schockiert mich auch, wie unselbstständig manche Menschen dadurch werden können. Klara aber ist für mich ein bewundernswertes Beispiel, da sie sehr bewusst lebt, viele Traditionen beibehält, aber trotzdem hinterfragt und wachsam lebt.  

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