Dienstag, 21. Oktober 2014

Rumäniens Außenseiter - Update

Von Klara, dem Gypsy Mädchen, hatte ich zum ersten Mal die andere Seite hinter den Vorurteilen gehört. Es fiel mir aber trotzdem schwer zu erkennen, ob doch manche der Vorurteile wahr sind, oder, so wie sie sagt, gar keine. Ich bekam von allen Rumänen die gleiche Antwort:

"Zigeuner lügen und stehlen!"
"Musstet ihr, oder Freunde von euch, das jemals persönlich erfahren?"
frage ich oft.
"Hm, nein. Aber es ist einfach so."

Schließlich fand ich aber doch einen Gesprächspartner, der aus mehrmaligen Erfahrungen sprach. Auch wenn es natürlich immer Ausnahmen gibt, sind mir ein paar Dinge klarer geworden:

Viele Roma verdienen ihr Geld auf traditionell selbstständige Weise, statt bei Firmen angestellt zu sein, was natürlich auch eine gewisse finanzielle Unsicherheit mit sich bringt. Sie verkaufen zum Beispiel ihre Arbeit auf der Strasse oder sind als Handwerker o.ä. unterwegs. Besonders letztere arbeiten öfters mit Tricks, die man gleichzeitig schwer als Diebstahl bezeichnen kann. Als Beispiel wurde mir erzählt, dass solche Handwerker Regenrinnen erneuern sollten, einen Preis ausmachten, die Rinnen abnahmen und dann den doppelten Preis verlangten, bevor sie die Rinnen wieder anbringen würden. Ausserdem sehen sie es wohl meist nicht eng mit Deadlines oder Verabredungen.

Gleichzeitig finde ich es weiterhin nicht gerechtfertigt, dass z.B. bereits Kindergartenkinder nichts mit gleichaltrigen Roma Kindern zu tun haben wollen, weil ihnen indoktriniert wird, dass diese Flöhe haben und böse sind. Ich versuche zwar, nicht zu optimistisch zu sein und einzusehen, dass man kulturbedingt vorsichtig sein sollte, aber sie weniger wie Menschen als wie Tiere anzusehen ist doch übertrieben!?

Eines der größten Probleme sehen Rumänen aber im Image, das die Roma von Rumänien im Ausland hinterlassen. So passiert es einigen Rumänen, auch Freunden von mir, dass sie in Deutschland als hinterhältige, stehlende Zigeuner bezeichnet werden, obwohl sie nicht mal den Tein und die dunklen Haare haben. [Rumänien = Romas], stimmt nun mal überhaupt nicht, aber der politisch korrekte Ausdruck "Roma" macht die Bekämpfung dieses Vorurteils nicht leichter.

Dann gibt es noch die ungarischen Rumänen, sie seien arrogant, ungebildet und hinterlistig, hörte ich zu oft. So weit ich es mitbekommen habe, ist der Unterschied bei den Ungaren aber, dass diese einen größeren Eigenanteil an den Konflikten beitragen.
"Und es wird derzeit unruhig in jenem Land, das Ungarn und Siebenbürger Deutsche "Szeklerland" nennen. Szekler sprechen ungarisch, verstehen sich aber als eigene, ältere Kultur, als historische "Vorhut" der Ungarn in der Region. Viele Szekler glauben, sie stammten von den Hunnen ab (was aber wohl nicht stimmt). Das ungarische Königreich siedelte sie im 13. Jahrhundert im Karpateneck an, als Wehrbauern sollten sie dort die Grenze schützen. Dafür wurden ihnen weitreichende Privilegien verliehen. Für diese Freiheit, ihre eigenen Angelegenheiten zu ordnen, kämpften und rangen sie verbissen über die Jahrhunderte gegen wechselnde Oberherren, gegen Magyaren, Türken, Österreicher und nun Rumänen." (http://www.welt.de/politik/ausland/article121872593/Aufruhr-unter-den-Ungarn-in-Rumaenien.html)

Zum Beispiel in Targu Mures gibt es mehrere Läden und Cafes in denen die Angestellten sich weigern Rumänen zu bedienen, letztere sind ziemlich wütend, immerhin ist es "ihr" Land... Regelmässig versuchen sie sich mitten in Siebenbürgen, wo sie stärker vertreten sind oder manchmal sogar die Rumänen eine Minderheit bilden, die territoriale Autonomie zu erkämpfen. Bei Fussballspielen wie Budapest gegen Bukarest geht es heiß und wohlmöglich brutal her. Ich besuchte ein ungarisches Kinderheim, in dem mir eine deutsche Freiwillige auch erzählte, dass die Kinder ein mal ungarische Flaggen malten und ein Kind zusätzlich eine rumänische malte. Dafür wurde es von den anderen beschimpft, als ob es etwas Verbotenes getan hätte.

In den letzten 20 Jahren: Die Ungarn-Partei RMDSZ spielte oft Zünglein an der Waage bei Regierungsbildungen in Bukarest, und so konnten umfassende Minderheitenrechte errungen werden. Es gibt muttersprachliche Kindergärten, Grundschulen, Gymnasien und sogar eine (private) Universität in Klausenburg. Derweil unterschrieb Rumänien alle möglichen internationalen Konventionen zum Schutz ethnischer Minderheiten (ebd.). Rumaenen sind darueber natuerlich auch nicht nur gluecklich.

Als kleines Fazit wird mir immer klarer, dass in Rumänien durch die vielen Kulturen, Sprachen und Einflüsse, ob von Ungaren, Romas, Deutschen oder slavische Nachbarn, ein für mich unwerwartet großes Konfliktpotential besteht, durch alle Beteiligten.

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