Sonntag, 4. Januar 2015

ein Fazit: Knoblauch, Spitzhacke und Größenwahnsinn



Ich hatte einer Lehrerin vor einigen Wochen versprochen, dass ich für meine ehemalige Schule einen Bericht über meine Erfahrungen schreiben werde. Endlich habe ich dies wahr gemacht und teile ihn auch mit euch. Wer meinen Blog komplett gelesen hat wird so manches wiedererkennen, aber nicht alles. Also noch einmal viel Spaß damit:


Endlich das Zeugnis in der Hand und so viele Ideen im Kopf für ein Jahr vor dem „Ernst des Lebens“: handwerklich und künstlerisch arbeiten, ein paar meiner Grenzen einreißen, Freunde besuchen, Kochen und eine neue Sprache lernen, Praktika machen, bewegen, Unis anschauen, eine neue Kultur kennenlernen, etwas mit meinen eigenen Händen erschaffen… und dabei mal richtig entspannen! Wie soll das nur gehen? Schnell war mir klar, dass ich mich nicht auf einen Ort für ein ganzes Jahr festzulegen vermochte. Am besten gar nicht festlegen, sondern mich mal leiten lassen und die Zügel etwas freigeben. Vier Monate schienen mir ein guter Zeitraum, um mithilfe von Internetseiten wie www.workaway.info und www.couchsurfing.org in einem einzelnen Land Kontakte zu Einheimischen und verschiedenen Projekten zu knüpfen.

Meine Entscheidung führte mich, nach 25 Stunden Zugfahrt, in das Land des Donaudeltas, der Karpaten und Draculas. Im Westen eher bekannt als das „Armenhaus Europas“, mit Alkoholismus, Zigeunern, Waisen und Korruption. Ich aber wollte mir ohne Vorurteile Rumänien mal ganz in Ruhe genauer anschauen. Statistisch gesehen hat Rumänien ca. 2/3 der Fläche Deutschlands, aber nur 1/4 der Einwohner, das heißt nur knapp 1/3 der Bevölkerungsdichte. Das ist nicht nur in den allgemein kleineren und dadurch ruhigeren Städten, sondern ganz besonders in der großflächig unberührten Natur zu spüren.



Zu Beginn meiner Reise fuhr ich auf einen kleinen Hof („Organic Art Ranch“) mitten im Apuseni-Gebirge, auf dem ich drei Wochen lang mit zwei weiteren Freiwilligen überall mit anpackte und dafür mal ein Leben abseits von Materialismus und Beschleunigung genießen durfte. Auch wenn das amerikanisch-mexikanisch-ungarisch-rumänische Pärchen keine eigenen Nutztiere besaß, halfen wir ihnen bei Apfel- und Kartoffelernte, im Gemüsegarten, in der Küche, beim Bauen und Reparieren von Lehmwänden und bei schwerster Heuarbeit der Nachbarn. Manchmal war es wie eine Zeitreise, mit kaltem Quellwasser, Draußendusche, Plumpsklo, Kamin, ohne Auto und jegliche Maschinen. Ich freute mich, viel Zeit mit einem eigenen Projekt verbringen zu können, bei dem ich mit vollem Körpereinsatz, Kreativität und Fingerspitzengefühl einen kleinen Kanal und eine Schutzmauer baute, die dafür sorgen, dass nun kein Regenwasser mehr in den Keller eines neugebauten Hauses fließen kann. Dafür grub ich den Boden um und ebnete ihn, schleppte große Steine, suchte die passenden Puzzleteile, bis ich alles so gut und gleichmäßig befestigt hatte, dass man ohne nachzudenken darüber gehen konnte. Wenn ich dieser Konstruktion dann auch noch mit Grasstücken vom anderen Ende des Hofes einen unauffällig natürlichen Anstrich verlieh, fühlte ich mich gerne an die verschiedenen Disziplinen und Praktika in unserer Schule erinnert.
 


Auch wenn ich der Farm die gesuchte Ruhe finden konnte, zog es mich recht bald wieder in die wärmere Zivilisation. Auf und neben Touristenpfaden genoss ich Dörfer und Wanderungen durch Wälder, erkundete kleine Städte wie Sibiu (Hermannstadt) mit seiner warmen Atmosphäre, sowie die etwas größere Studentenstadt Cluj-Napoca (Klausenburg), die vor jungem, alternativem Leben strotzt. Hier lebte ich in einer Art Kommune, einem Haus, dessen Besitzer aus der Marktwirtschaft aussteigen wollen, deshalb ihr Hotel aufgaben und ihre Türen allen interessierten Menschen öffnen. Das Haus soll sich langsam „selbst erhalten“ können, ohne ihren Einfluss. Alle Gäste und Freiwilligen bringen es mit eigenen Ideen voran und jeder passt auf, dass es sauber, ordentlich und mit Essen im Kühlschrank bleibt.

So bunt wie in dem Haus ist es auch auf den Straßen. Gerade in Cluj-Napoca leben alle über Rumänien verteilte Minderheiten mit den Rumänen auf engem Raum zusammen: ethnische Deutsche (Sachsen) und Ungarn (Magyaren/Szekler), sowie Roma verschiedener Kasten. Jede/r hat gegen jede/n Vorurteile und es gibt ein hohes Konfliktpotential. Deshalb besuchte ich mit einer Freundin eine Zigeunerin, die am Stadtrand Clujs in abgewrackten Verhältnissen gemeinsam mit zwei Familien lebt. Klara Gabor („the rebel in a gypsy dress“), hat sich selber gutes Englisch beigebracht, verkauft im Internet selbstgeschneiderte Kleider und wird von den meisten in ihrem Umfeld deshalb als „Freak“ bezeichnet. Die meisten Roma sind sehr traditionsverbunden, sprechen ihre eigene Sprache, mischen sich nicht mit anderen Kasten, heiraten früh und lassen ihre Töchter oft nicht zur Schule gehen. Von Rumänen wird ihnen vorgeworfen, unehrlich und unzuverlässig zu sein und vor allem auch ein schlechtes Image besonders im westlichen Ausland zu hinterlassen. Auch der politisch korrekte Ausdruck „Roma“ macht es nicht leichter sie von „Rumänen“ zu unterscheiden, dabei sind sich ihre Kulturen nicht sehr ähnlich.


Schließlich traf ich noch meinen Freund in Rumäniens Hauptstadt Bukarest. Ich wurde vielfach vorgewarnt, dass sie sehr hässlich sei. Für uns war es jedoch eher spannend, da sich viel Geschichte in den Mauern verbirgt. Viele der Einwohner Bukarests sind traurig über das Stadtbild, welches stark von Nicolae Ceausescu (1965 bis 1989 der neostalinistische Diktator der Sozialistischen Republik Rumänien) geprägt wurde. Er hatte einige Straßen, historische Gebäude und Kirchen zerstören lassen um hässliche Kommunalbauten an ihre Stelle zu setzen. Sein Lebenswerk und der Gipfel seines Größenwahns ist das Rumänische Parlament, das größte Gebäude Europas. Das Einzige was ich an diesem Projekt als ansatzweise sympathisch empfand, war, dass er nur in Rumänien produzierte Materialien verwendete, um der Welt zu zeigen, zu was das Land imstande war. Noch bevor das Gebäude benutzbar war, wurde Ceausescu gestürzt und Weihnachten 1989 öffentlich hingerichtet. In der nachkommunistischen Zeit konnte sich Rumänien nur langsam von den Folgen jahrzehntelanger Diktatur und Misswirtschaft erholen. Während meiner Reise erlebte ich viel Unmut der jungen Generation, da z.B. Löhne oft nicht für mehr reichen als eine monatliche Miete. Deshalb versuchen einige von ihnen im Ausland ein besseres Leben zu finden. Umso spannender war es dadurch für mich, die von Protesten begleiteten Präsidentschaftswahlen 2014 im November mitzuerleben. In einer Stichwahl verlor der vom Westen als „Kind des Wendekommunismus“ bezeichnete Favorit und stattdessen der ethnisch deutsche Klaus Johannis als knapper Sieger hervorging. Er hat versprochen, die Korruption in Rumänien zu bekämpfen und die Unabhängigkeit der Justiz zu verbessern.
 

All diese Erfahrungen konnte ich vor allem machen, weil ich bei vielen verschiedenen Rumänen lebte, durch sie unterschiedliche Blickwinkel kennenlernte und hinter die Fassaden blicken konnte. Nach diesen Monaten der „Heimatlosigkeit“ freute ich mich, schließlich nach Hause zurückzukehren. Nun habe ich noch genug Zeit um meine restlichen Punkte auf der Wunschliste abzuhaken, wie ein Praktikum am Parzivalhof und Besuche in Universitäten zu machen. Ich bin sehr froh, diese Reise so gemacht zu haben, weil es mich offen genug sein lies unvoreingenommen viele verschiedene Seiten dieses wunderschönen Landes kennenzulernen. 

Samstag, 20. Dezember 2014

Cluj-Napoca (Klausenburg)

Mehr als drei Wochen habe ich in dieser Stadt verbracht und wusste doch lange nicht, was ich über sie schreiben soll. Von Anfang an stand für mich die architektonische Mischung aus einigen Kommunismusbauten, größeren Statuen und schönen alten Gemäuern sowie die vielen Baustellen im Hintergrund. Viel prägnanter ist die bunte Atmosphäre mit dem Sprachengewirr, den ausgefallenen Cafes und alternativen Clubs, die nicht zuletzt dadurch entsteht, dass mindestens 1/3 der Bewohner Studenten sind. Von den umherliegenden Hügeln konnte man in Ruhe die ganze Stadt beobachten, tags wie nachts. Da wirkte sie auf mich viel größer als dass sie nur ca. 330.000 Einwohner hat und damit die zweitgrößte Stadt Rumäniens ist.

Während ich in der Kommune lebte, lernte ich eine junge Filmerin kennen, zwei Eurythmistinnen aus Bukarest, mehrere FSJler, ein paar deutschsprachige Weltreisende und viele "Hippies" oder einfach nur aufgeschlossene Musiker, Künstler und Reisende aus aller Welt kennen. Ich ging Salsa tanzen oder wurde in Cafes wie das "Samsara" (siehe Bild), in dem man sich erst mal die Schuhe ausziehen musste, und das "Atelier" mit nur recyceltem Mobiliar ausgeführt. 

Während der Semester findet man fast täglich spezielle Events wie kostenlose Flohmärkte ("nehmt mit was ihr braucht, gebt ab was ihr nicht mehr wollt"), Konzerte von bekannten Bands und kleinen Newcomern, alternatives Kino und vieles mehr...




Viele Studenten werden für Medizin oder andere NC-belastete Studienfächer aus aller Welt angezogen, französischsprachige Studiengänge ermöglicht es auch Afrikanern dort leichter einen Abschluss zu machen. Außerdem ist Cluj eine Stadt in der Roma, Rumänen, Sachsen und ethnische Ungarn miteinander leben und ihre Kulturen aufeinanderprallen.

Es hat mich immer wieder fasziniert stundenlang durch die Straßen zu laufen und all diese Eindrücke passiv auf mich wirken zu lassen. Noch einmal etwas aktiver wurde ich während meines zweiten Besuches, als ich mich in der dortigen Waldorfschule umschauen wollte und direkt eingebunden wurde. Ein paar Tage lang begleitete ich eine achte Klasse, insbesondere einen Schüler, der vorher auf einer deutschsprachigen Schule war und den ich versuchte ein bisschen zu unterhalten.


Die Schule ist bisher noch zur Hälfte staatlich unterstützt und bestimmt, weshalb sie auch einen Direktoren haben, der bereits mehrmals in Bremen war und mit dem ich mich gut (auf deutsch!) unterhalten konnte. Als Mathelehrer erzählte er mir von dem Phänomen, dass heute seine Schüler mehr als ein Jahr mit dem Stoff hinterher sind, weil sie zu viel an elektronischen Geräten hängen und dadurch unselbständiger denken. Auch an der Waldorfschule gab es Schüler und sogar Lehrer, die muttersprachlich Ungarisch sprachen, was immer wieder zu Konflikten führen kann.

Zurückblickend sehe ich Cluj als die Stadt, die die meisten gesellschaftlichen Gegensätze in sich vereint und vor Leben sprudelt. Wenn sie auch nicht nur hübsch anzuschauen ist, hat sie mich doch mit am meisten inspiriert!

Mittwoch, 19. November 2014

Der Beginn der deutschen Invasion

Nach dem Anfang November die erste Wahl zum Präsidenten ohne Sieger mit mehr als 50% ausging und Victor Ponta, vom Westen als Nachfolger der Wendekommunisten beschimpft, als klarer Favorit galt, gab es nun am 16.11. aufregende Stichwahlen.
Pontas Konkurrent, Klaus Iohannis, warb für ein "Rumänien der gut gemachten Sachen", eines seiner Hauptziele sei also auch der Kampf gegen Korruption. Er gehört zur deutschen Minderheit und ist seit vielen Jahren Bürgermeister von Sibiu/Hermannstadt, hat dort erfolgreich (insb. ausländische) Investoren angeworben damit sowohl das Stadtbild aufgebessert, als auch Arbeitsplätze geschaffen. 2007 war Sibiu durch ihn Kulturhauptstadt.


Iohannis ist damit nicht nur Konkurrent sondern auch gefährlicher Feind für Ponta und seine Kollegen, nicht wenige von ihnen wanderten kurz vor den Wahlen wegen Korruption bereits ins Gefängnis, und auch so manche Geschichten über Ponta klingen skuril, es helfe Wikipedia, um nur ein Beispiel zu nennen:

Mindestens 85 von 307 Seiten der Doktorarbeit sind als Plagiat im „Copy-Paste-Verfahren“ nachgewiesen worden.[8] Ponta erklärte, sich jeder Überprüfung stellen zu wollen, und machte seinen politischen Rivalen Präsident Traian Băsescu als Drahtzieher für die Vorwürfe verantwortlich.[9] Der Nationale Rat für die Überprüfung von akademischen Titeln, Diplomen und Zertifikaten (Cnatdcu) stellte die Täuschung zwar ursprünglich fest, wurde aber per Eildekret in seiner Zusammensetzung so vergrößert, dass 25 neue vom Unterrichtsministerium bestellte Mitglieder die vorhandenen 20 Mitglieder überstimmten.

Meine Meinung, welche in westlichen europäischen Ländern ebenfalls weit verbreitet ist, seht ihr damit klar vor euch. Den Wählern ging es da anders. Die Nacht nach den Stichwahlen wurde sehr aufregend, denn die Ergebnisse schwankten ruhelos um 50%. Zunächst sah es, wie erwartet, gut für Ponta aus, aber ab 21Uhr stiegen Hochrechnungen auf 51% und mehr für Klaus Iohannis.

Zur gleichen Zeit gingen in den Städten wieder tausende junge Rumänen auf die Straßen, weil erneut "technische Probleme" im Ausland dortige Rumänen hinderten (zumeist Iohannis) zu wählen. Tausende warteten in ganz Europa von morgens bis abends vergebens, ihre Stimme abzugeben. Die Demonstranten warfen der Regierung vor, die Prozesse vorsätzlich zu erschweren, da im Ausland kaum jemand die Linken wählt. In Bukarest wurde Viktor Ponta von der Masse nach Hause geschickt.

Darin zeigt sich mir auch der grosse Spalt zwischen den jeweiligen Anhängergruppen.
Viele meiner Freunde und Couchsurfer hatten zunächst eine junge Juristin gewählt und in der Stichwahl fast alle von ihnen Iohannis. Vermehrt erzählten sie, dass keine Anhänger Pontas jegliche Argumente hervorbringen konnten, warum sie diesen wählen. Manche scheinen tatsächlich Angst vor einer deutschen Invasion zu haben. Ein Couchsurfer schilderte uns, wie er sich ein mal auf diese Argumentation einliess: "Mal alle rationalen Gedanken ausgeschlossen, was wäre dir lieber: eine russiche oder eine deutsche Invasion?". Während manche Studenten schon ihre Auswanderung planten, falls Ponta gewinnen sollte, hielfen in den Dörfern noch leckere Lebensmittel, um Wähler von Pontas Großzügigkeit zu überzeugen...

Ich habe aber auch an einem guten Freund gesehen, wie effektiv Pontas Propaganda zumindest im Fernsehen lief. Abgesehen von unrealistischen Hetzkampagnen gegen Iohannis, verschaffte sich Ponta so überhaupt Glauben, in dem er z.B. deutlich machte, dass seine Doktorarbeit gar kein Plagiat sei. Über Proteste gegen Ponta wurde im rumänischen Fernsehen nicht berichtet.
 

Zu dem zeigte er sich in Debatten mit Iohannis als der bessere Redner, der mit vielen Zahlen und Statistiken um sich werfen konnte, während sich Iohannis maximal mit seinen eigenen Gedanken rechtzufertigen wusste. Dass Ponta sein Gegenüber ständig unterbrach und niemals ernstnahm, fiel wiederum nur seinen Gegnern auf. Am Ende der Debatten fühlte sich wohl jeder in seiner Wahl bestätigt, inhaltlich gab es aber weiter keine Argumente. Zuletzt war es meinem Freund noch wichtig anzumerken, dass Iohannis ja nur ein Physiklehrer sei und in Sibiu nun auch nicht alles perfekt liefe, während Ponta Jurist und bereits Ministerpräsident sei und deshalb Ahnung haben müsse (sinngemäß!).

Ich versuche nicht, über Pontas Wähler zu urteilen, sondern lediglich die Lage zu verstehen. Mein finaler Eindruck bleibt, dass Ponta mit allen Mitteln der erschummelten Überzeugungskraft für sich warb, während Iohannis, auch aus Geldmangel, nicht viel anderes blieb, als seine Fans in Internet und persönlichen Treffen von seinen Absichten und Stärken zu überzeugen.

Am 17.11. kurz nach Mitternacht rief Viktor Ponta anscheinend bei Klaus Iohannis an und gratulierte diesem zum Sieg. Freunde schrieben mir daraufhin und am nächsten Tag noch begeistert, dass Iohannis' Anhänger nach der folgenden offiziellen Siegeserklärung anfingen in den Strassen zu singen. Selbst für mich fühlten sich diese Momente wie Silvester an. Nun hängt viel Hoffnung an Iohannis, aber vor allem die Dankbarkeit:

Klaus rettet uns vor der Maus!

Update 21.11.: ich wurde noch darauf hingewiesen, dass viele Wähler nicht unbedingt pro Iohannis, sondern vor allen KONTRA Ponta waren. Dies lässt sich mit den Zahlen der ersten Wahl unterstützen, da Iohannis nicht mal 30%, Ponta hingehen gut 40% der Stimmen erhielt. Dadurch wurde Ponta für Gegner der Linken eine reelle Gefahr. So finde ich dazu auch spannend, dass während der Stichwahl die Wahlbeteiligung für rumänische Verhältnisse Rekordwerte von ca. 65% erreichte. Ich führe dies insbesondere auf unzufriedene Wahlberechtigte zurück, die zunächst keinen Kandidaten für unterstützenswert hielten, jedoch in der zweiten Runde einschritten um “Schlimmstes“ abzuwenden.

Dienstag, 18. November 2014

Ich lebe noch :))

An alle meine Lieben hier ein Lebenszeichen:

Tut mir Leid, dass ich mich nicht mehr gemeldet habe, ist ja aber generell ein gutes Zeichen! :P

Ich hoffe ich hatte euch für einen Monat gut versorgt mit meiner Aussenseiter-Analyse. Inhaltlich geht es hier jetzt immer noch nicht weiter, ich wollte nur mal sagen, dass die Reise noch nicht vorbei ist.

Die letzten Wochen waren voll mit verschiedenen Reisen und Eindrücken, was euch also noch erwartet:
Naturerlebnisse und einfaches Leben mit Couchsurfern in
- Busteni/Sinaia (Schloss Peles)
- Campina
- Piatra Neamt

darunter auch eine Reise mit meinem Liebsten nach
- Bucuresti/Bukarest, das Rumaenische Parlament
- Brasov/Kronstadt, Dracula Schloss in Bran
- Sibiu/Hermannstadt

Besonders aufregend war die Präsidentenwahl vor wenigen Tagen, ein inspirierendes Erlebnis!

Morgen fahre ich dann endlich noch ins traditionelle Maramures und ein paar Tage später muss ich mich auch schon von meinen Freunden in Cluj verabschieden, damit ich genug Zeit habe auf meinem Rückweg viele nette Leute zu besuchen. Also bis bald!!

Mittwoch, 22. Oktober 2014

Zurück in die Vergangenheit

Nach einem so textlastigen Eintrag lasse ich nun mal Fotos sprechen, 
viel Freude damit!
 
Arad:
 
Timisoara im Umbau:
 
 
Hunedoara:
 
Targu Mures: 
 
 
 Kloster bei Sighisoara
 
 
Sighisoara:
 
 
Sibiu:
 

 
eindrucksvolles Lokomotiv-Museum in Sibiu

 Freilichtmuseum bei Sibiu


 
 Alba Iulia:
 
 

Dienstag, 21. Oktober 2014

Rumäniens Außenseiter - Update

Von Klara, dem Gypsy Mädchen, hatte ich zum ersten Mal die andere Seite hinter den Vorurteilen gehört. Es fiel mir aber trotzdem schwer zu erkennen, ob doch manche der Vorurteile wahr sind, oder, so wie sie sagt, gar keine. Ich bekam von allen Rumänen die gleiche Antwort:

"Zigeuner lügen und stehlen!"
"Musstet ihr, oder Freunde von euch, das jemals persönlich erfahren?"
frage ich oft.
"Hm, nein. Aber es ist einfach so."

Schließlich fand ich aber doch einen Gesprächspartner, der aus mehrmaligen Erfahrungen sprach. Auch wenn es natürlich immer Ausnahmen gibt, sind mir ein paar Dinge klarer geworden:

Viele Roma verdienen ihr Geld auf traditionell selbstständige Weise, statt bei Firmen angestellt zu sein, was natürlich auch eine gewisse finanzielle Unsicherheit mit sich bringt. Sie verkaufen zum Beispiel ihre Arbeit auf der Strasse oder sind als Handwerker o.ä. unterwegs. Besonders letztere arbeiten öfters mit Tricks, die man gleichzeitig schwer als Diebstahl bezeichnen kann. Als Beispiel wurde mir erzählt, dass solche Handwerker Regenrinnen erneuern sollten, einen Preis ausmachten, die Rinnen abnahmen und dann den doppelten Preis verlangten, bevor sie die Rinnen wieder anbringen würden. Ausserdem sehen sie es wohl meist nicht eng mit Deadlines oder Verabredungen.

Gleichzeitig finde ich es weiterhin nicht gerechtfertigt, dass z.B. bereits Kindergartenkinder nichts mit gleichaltrigen Roma Kindern zu tun haben wollen, weil ihnen indoktriniert wird, dass diese Flöhe haben und böse sind. Ich versuche zwar, nicht zu optimistisch zu sein und einzusehen, dass man kulturbedingt vorsichtig sein sollte, aber sie weniger wie Menschen als wie Tiere anzusehen ist doch übertrieben!?

Eines der größten Probleme sehen Rumänen aber im Image, das die Roma von Rumänien im Ausland hinterlassen. So passiert es einigen Rumänen, auch Freunden von mir, dass sie in Deutschland als hinterhältige, stehlende Zigeuner bezeichnet werden, obwohl sie nicht mal den Tein und die dunklen Haare haben. [Rumänien = Romas], stimmt nun mal überhaupt nicht, aber der politisch korrekte Ausdruck "Roma" macht die Bekämpfung dieses Vorurteils nicht leichter.

Dann gibt es noch die ungarischen Rumänen, sie seien arrogant, ungebildet und hinterlistig, hörte ich zu oft. So weit ich es mitbekommen habe, ist der Unterschied bei den Ungaren aber, dass diese einen größeren Eigenanteil an den Konflikten beitragen.
"Und es wird derzeit unruhig in jenem Land, das Ungarn und Siebenbürger Deutsche "Szeklerland" nennen. Szekler sprechen ungarisch, verstehen sich aber als eigene, ältere Kultur, als historische "Vorhut" der Ungarn in der Region. Viele Szekler glauben, sie stammten von den Hunnen ab (was aber wohl nicht stimmt). Das ungarische Königreich siedelte sie im 13. Jahrhundert im Karpateneck an, als Wehrbauern sollten sie dort die Grenze schützen. Dafür wurden ihnen weitreichende Privilegien verliehen. Für diese Freiheit, ihre eigenen Angelegenheiten zu ordnen, kämpften und rangen sie verbissen über die Jahrhunderte gegen wechselnde Oberherren, gegen Magyaren, Türken, Österreicher und nun Rumänen." (http://www.welt.de/politik/ausland/article121872593/Aufruhr-unter-den-Ungarn-in-Rumaenien.html)

Zum Beispiel in Targu Mures gibt es mehrere Läden und Cafes in denen die Angestellten sich weigern Rumänen zu bedienen, letztere sind ziemlich wütend, immerhin ist es "ihr" Land... Regelmässig versuchen sie sich mitten in Siebenbürgen, wo sie stärker vertreten sind oder manchmal sogar die Rumänen eine Minderheit bilden, die territoriale Autonomie zu erkämpfen. Bei Fussballspielen wie Budapest gegen Bukarest geht es heiß und wohlmöglich brutal her. Ich besuchte ein ungarisches Kinderheim, in dem mir eine deutsche Freiwillige auch erzählte, dass die Kinder ein mal ungarische Flaggen malten und ein Kind zusätzlich eine rumänische malte. Dafür wurde es von den anderen beschimpft, als ob es etwas Verbotenes getan hätte.

In den letzten 20 Jahren: Die Ungarn-Partei RMDSZ spielte oft Zünglein an der Waage bei Regierungsbildungen in Bukarest, und so konnten umfassende Minderheitenrechte errungen werden. Es gibt muttersprachliche Kindergärten, Grundschulen, Gymnasien und sogar eine (private) Universität in Klausenburg. Derweil unterschrieb Rumänien alle möglichen internationalen Konventionen zum Schutz ethnischer Minderheiten (ebd.). Rumaenen sind darueber natuerlich auch nicht nur gluecklich.

Als kleines Fazit wird mir immer klarer, dass in Rumänien durch die vielen Kulturen, Sprachen und Einflüsse, ob von Ungaren, Romas, Deutschen oder slavische Nachbarn, ein für mich unwerwartet großes Konfliktpotential besteht, durch alle Beteiligten.

Sonntag, 12. Oktober 2014

Routen-Update II

Hallo aus Sibiu! Hier mal wieder Karten zum Überblick, da sich meine "Planung" doch regelmäßig ändert. Zu erst im Blick auf ganz Rumänien und mit roter Makierung in Sibiu, so weit habe ich es bisher geschafft:

Timisoara (Couchsurfing)
Deva mit Ausflug zur Burg in Hunedoara
Cluj-Napoca ("Kommune")
Rachitele (Hofarbeit)
Cluj-Napoca (Waldorfschule)
Targu Mures* (Couchsurfing, krank)
Sighisoara (deutsche Volunteers)
Nachmittag in Medias
Sibiu (Hostel)


Noch mal etwas genauer meine Reiseroute und wie sie vermutlich weitergeht, hoffentlich mit etwas Freiwilligenarbeit, eventuell doch noch mit "Abstecher" nach Bukarest...


*Seit meinem Weg nach Targu Mures probiere ich mich vorsichtig am Hitchhiken, also per Anhalter fahren. Bisher hatte ich sehr viel Glück und musste nie länger also 5 Minuten warten. Auch lernt man dadurch Leute kennen, vorausgesetzt man kann sich mit ihnen unterhalten. Mein erster Fahrer studiert Medizin auf Englisch und brachte mich, gut unterhalten, bis vor die Tür meiner Couchsurfer. Mit zwei anderen unterhielt ich mich kaum und mein letzter Fahrer war Belgier, für den ich mein Französisch aus dem Gedächtnis zusammensuchte..

Freitag, 10. Oktober 2014

Doro wird Landschaftsgärtnerin

Ein großer Teil meiner Hofarbeit bestand aus meinem ganz eigenen Projekt, das ich über mehrere Tage verfolgte. Die Grundidee war, das Regenwasser um eines der Häuschen zu lenken, sodass es nicht in den Keller fließt sondern in einen entstehenden Garten nebenan.
Dafür musste zu erst viel Erde abgetragen werden, was gar nicht so leicht war, da sie sehr lehm- und steinhaltig ist. Mit Spitzhacke, Spaten und Schaufel grub ich also fleißig um, oft in der Sonnenwärme, und transportierte die Erde per Schubkarre davon. Als nächsten Schritt baute ich eine kleine Mauer, die als Schutzwall dient.


Daneben führte ich dann eine natürliche Wasserleitung fort: ganz unten eine schützende Kiesschicht, darüber die größten Steine, durch die das Wasser fließen kann und darauf immer kleiner werdende Steine bis Kies, damit die Erde nicht durchfällt und verstopft. Dann verschloss ich alles mit Gras, welches ich aus einer abelegenen Stelle des Grundstücks aushob. Die entstandenen Lücken sollte ich dann mit fruchtbarer Komposterde füllen.

Zur Perfektion versuchte ich auch drum herum alles auf ein Level zu bekommen und restliche freie Flaechen mit Gras zu bedecken. In diesem Fall wurde mir geraten, dass ich auch ein ganze Grasflaeche anheben und Erde darunter ausheben koenne. Das klang leichter als es war, denn so ein Stueck Gras ist ziemlich schwer, sodass ich es teilweise mit meinem Oberschenkel aufhielt und mit vollem Koerpereinsatz die lehmige Erde entnahm. Aber schlussendlich war ich erfolgreich und konnte einen weichen Uebergang schaffen!

Schließlich führte ich die Mauer noch weiter fort und bedeckte auch diesen Teil mit schützendem Gras.
 
 

 FERTIG !

Samstag, 4. Oktober 2014

"Such dir einen Freund und bleib hier, sagt er"

Zur Arbeitszeit uebernahmen wir viele unterschiedliche Aufgaben und halfen auch immer wieder gemeinsam bei den Nachbarn aus. Die meisten von ihnen waren verwitwete, eher aeltere Maenner, die mir gerne Komplimente machten, sei es, dass ich gut arbeitete oder huebsch sei... In diesem Fall enttäuschte ich ihn: “ich habe bereits einen in Deutschland“ lies ich ihm übersetzen.

Dass es wenige Frauen dort gibt hat mich erst sehr ueberrascht, aber bald wurde mir deutlich warum: Die Frauen scheinen hier in den Bergen auf dem Hof nicht nur wegen der Kinder die meiste Arbeit zu haben, sondern sind staendig beim Kochen, Putzen, Erziehen, Kuehe melken, Wasser holen, im Dorf einkaufen, Tiere fuettern un Schlachten, Im Endeffekt sterben diese tatsaechlich frueher an Altersschwaeche oder Krebs. Gleichzeitig lassen sich dies immer weniger junge Frauen gefallen und gehen in die Stadt arbeiten oder Studieren und lassen die Hoefe hinter sich. Die Maenner bleiben zurueck, auch mal einsam.

So halfen wir recht viel bei Heuarbeiten, also Heu umdrehen zum trocknen, es zusammenharken, Heuhaufen zusammen zu tragen und grosse Heugestecke zu bauen oder es in Scheunen umzuladen. Am Ende halfen wir noch bei der beginnenden Kartoffelernte. Zum Dank gab es natuerlich immer Palinka (Pflaumenschnaps).


Auf dem Hof waren die Arbeiten wesentlich abwechslungsreicher und reichten von Putzen im Haus und beim Kochen helfen, ueber Jaeten und Ernten im Garten hin zum Holz hacken, Umgraben und Waende aus Lehm bauen und reparieren; zu ihrem Glueck haben sie einen sehr lehmhaltigen Boden.

Mittwoch, 1. Oktober 2014

The Organic Art Ranch, Rachitele

Von Cluj verabschiedet machte ich mich am 9.9. auf den Weg zu meinem einzigen im Voraus geplanten Ziel: ein Hof in den Bergen, 100km von Cluj, 30km von der nächsten Stadt mit Supermarkt.

Mir war klar: ca. 1 1/2 Stunden mit dem Zug nach Huedin, weiter möglichst per Bus oder Anhalter nach Rachitele. Dort in der Bar mach dem Weg zum "Casa Mexicana" fragen. 
Im Zug war ich noch mit einem netten schweizer Kräuterfan zusammen, ab Huedin dann wieder auf mich gestellt. Von Passanten Richtung Markt geschickt und mit einem Namen auf einem Zettel, fragte ich mich schließlich durch, überrascht von der anstrengend knallenden Sonne, bis ich von einem merkwürdigen Mann zu seinem PKW gelotst wurde. Eingestiegen bin ich erst, als seine Ehefrau dazu kam, kurz darauf war jeder Platz belegt. Ein Privattaxi also, neuerdings ziemlich üblich in dieser Gegen. Natürlich musste niemand so viel zahlen wie ich, aber als wir in Rachitele ankamen wurde mir erst klar, dass mich noch 40 Minuten Wandern von der Farm trennte, mit fettem Rucksack auf dem Rücken und Geige in der Hand. Ich hatte Glück und konnte den Fahrer überzeugen, mich dort hin zu fahren, den Berg über klapprige Wege hinauf, für einen geringen Aufpreis...


Der Hof besteht aus drei Häusern, dazwischen eine Feuerstelle und eine weitläufige Wiese, sowie aus zwei umzäunten Gärten und einem weiteren Apfelgarten. Das eine Haus ist momentan nur Schlafzimmer der Besitzer, das mittige Haus beherbergt drei Betten, Küche und Wohnzimmer, das dritte Haus ist Werkstatt und Scheune in einem, mit einem süßen Zimmerchen, bereits belegt von Jonas, einem deutschen Freiwilligen.
Das Wasser kommt direkt aus einer angezapften Quelle und kommt hinterm Haus eiskalt aus einem Wasserhahn und der Dusche (ebenfalls draußen, mit hölzernem Sichtschutz, hat immerhin einen eigenen Boiler!), zu dem ein selbstgebautes Plumsklo (entschuldigt, eine “ökologische Trockentoilette“)! Wasserholen ist von daher immer nötig, ob zum Trinken, Kochen und Abwaschen, aber nur über 30 Meter.



Der grobe Rahmen fuer unseren Aufenthalt belief sich auf 4 1/2 Arbeitstage, Montag halb, Sonntag frei und Dienstag frei (Markttag). An den anderen Tagen gab es theoretisch folgenden Tagesablauf:

8 Uhr Fruehstueck, taeglicher Abwasch und Kueche putzen im Anschluss.
9 - 12 Uhr Arbeiten
Mittagessen und -pause
16 Uhr Tee
im Anschluss bis ca. 19 Uhr Arbeiten
20 Uhr frische Milch holen beim Nachbarn

Samstag, 20. September 2014

Social Permacultur & Gift Economy in Cluj-Napoca

Als ich diesen Titel bei workaway zum ersten Mal sah hatte ich keine Ahnung, was mich erwarten könnte. Der weiteren Beschreibung entnahm ich, dass es sich um eine Art Kommune handle, in der jeder aufgeschlossene Mensch und jegliche Projekte willkommen seien. Froh, eine Zusage bekommen zu haben fuhr ich einfach hin.

"Welcome home" hieß es dort sofort von vielen lieben Menschen. Das Haus war in diesen Tagen restlos voll, immer rund 20 Personen, viele kamen vom Rainbow Gathering ("Hippie-Treff") oder waren auf dem Weg dahin. Es war ein ständiges Kommen und Gehen: die erste Nacht teilte ich das Zimmer mit einer Australierin, die Folgenden Tage mit einer 20jährigen Amerikanerin, schliesslich mit einer Rumaenin aus Bukarest.



Die Prinzipien von Adela und Dan basierten auf dem Ziel, den Staat und die Wirtschaft nicht weiter zu unterstützen (möglichst nicht in Läden einkaufen, keine Steuern zahlen über ihr Hotel...), und jegliche organisierten und hieraischen Strukturen zu vermeiden.
So öffneten sie ihr schickes Haus vor gut einen Jahr, das sie viele Jahre als Hotel betrieben hatten, für alle Menschen - mit den Regeln: Fühlt euch zu Hause, hinterlasst alles, wie ihr es gefunden habt, helft (wenn) wo ihr Lust habt, hinterlasst Spenden oder steuert was zur Küche bei wenn ihr könnt und wollt. Letztere stand somit auch allen offen, "nehmt was ihr braucht; vor allem lokale Produkte; vermeidet es, Plastikverpackungen mitzubringen..."

Das Haus: In den oberen beiden Stockwerken sind ca. 6 unterschiedlich große Hotelzimmer, noch mit Zimmernummer und schicker Ausstattung, teilweise eigenen Bädern. In der Mitte war noch einiges im Umbau, dort schliefen mehrere Couchsurfer auf Matrazen zwischen den Arbeitsgeräten. Der Keller beherbergt alle restlichen Hotel-Utensilien und ist noch recht chaotisch, inkl. Privatbereich und einem Free Shop in der Entstehung. Wenn der Shop fertig ist, kann jeder Sachen nehmen, die er brauchen kann und solche dort lassen, die keine Verwendung mehr finden.



Das Erdgeschoss besteht aus der offenen Küche, einem Lagerraum, Toiletten und einer großen Sofaecke, PC und Fernseher.. Dieser Gemeinschaftsbereich steht allen offen, dort trifft man sich, redet, isst (Abends sogar alle gemeinsam in einen grossen "Food-Circle" auf dem Boden), trinkt und kann an Veranstaltungen teilnehmen. Es gab Meditation, Tangotanzen Mandala-Malen, einen schamanischen Workshop und zwei Wochen lang sogar von Morgens bis Nachmittags wochentags einen kleinen Waldorfkindergarten!
Im Garten befindet sich der kleine Ladwirtschaftliche Bereich der "Permakultur", in dem Tomaten, Salate, Kürbisse und einiges anderes wachsen. Gepflegt wird er regelmäßig von einer engagierten Studentengruppe aus Cluj. Die Terasse ist durch selbstgebaute Sitzgelegenheiten nicht nur ein netter Rauchertreffpunkt.


Meine "Arbeit" war mir hier völlig selbst überlassen. Wir führten eine To-Do-Liste ein, die half einen Überblick zu behalten. So vielen zunächst vor allem Putzaufgaben an (Fenster, Badezimmer, Kühlschrank...) oder Aufgaben wie Tee abzupacken.
Die zweite Woche war einiges ruhiger, da die meisten Besucher abreisten, allerdings ließen uns auch Adela und Dan allein. Damit hatten meine rumänische Zimmernachbarin und ich die Verantwortung für das Haus, die Tür sowie die Zimmerverteilung. Einmal sind wir durch die halbe Stadt gelaufen um auf einem Parkplatz drei Beutel Gemüse abzuholen. Ich hatte fast das Gefühl etwas Illegales heimlich am Stadtrand abzuholen, aber es handelte sich scheinbar um eine Bezahlung in Naturalien für vorherige Hilfeleistungen, also alles sehr liebevoll und erlaubt. ;)

Donnerstag, 4. September 2014

Transportwesen

Ob man kurze, eher unbefahrene oder weite Strecken zurücklegen will, in der Stadt oder außerhalb, die Infrastruktur wird sich jedes Mal von einer anderen Seite zeigen!

Auf wichtige Strecken, vor allem nach Bukarest, fahren meist schnelle schicke Züge, eine Mischung aus unseren ICs und ICEs. In diesen gibt es zum Beispiel an jedem Platz Steckdosen, wow! :D Je unwichtiger die Strecken, desto kleiner und klappriger, da fühlt man sich schon manchmal wie im Film. Um aus der Mitte des Landes nach Cluj-Napoca zu kommen, konnte ich mir folgenden Kommentar auf Facebook nicht verkneifen:

Ich mag die kleinen rumänischen Züge, man kann das Fenster aufmachen und den Kopf in den warmen Fahrtwind halten, und er trötet niedlich wenn er sich Übergängen oder Bahnhöfen nähert. Aber es irritiert, dass uns ständig Autos überholen...



 Mit Auto und Bus war ich bisher noch nicht viel unterwegs, aber man bekommt trotzdem schnell ein Bild. Bisher sahen es 90% meiner Fahrer nicht so eng mit Anschnallgurten und Geschwindigkeitsbegrenzungen. Dementsprechend rasend chaotisch ist das Bild sowohl in den Städten, die meist vollkommen überfüllt sind, als auch auf den Landstraßen. Überholen und Schlaglöchern ausweichen tun viele gerne bis sie gerade noch vor dem Entgegenkommenden einscheren. Deshalb sind dieAutobahnen in meinen Augen noch die zivilisiertesten. Die wenigsten fahren schneller als 140/150 km/h, die Straßen sind neu und breit und da sie nicht besonders weit reichen habe ich bisher auch noch keinen Stau darauf gesehen..

Zugegeben, es ist ungefähr so, wie es die negativen Voruteile besagen. Mein Host in Cluj wollte eigentlich gerne, dass ich mit seinem Auto fahre, da ich ja immerhin einen Führerschein habe und so Gemüse abholen könnte, wenn sie nicht da sind. "Hier ist es auch nicht anders als in Deutschland", sagte er zu mir. Aber mir fehlen Schilder, Polizei und Fahrer, die Straßenmakierungen nutzen, deshalb lehne ich dankend ab und nehme lieber das Taxi, ca. 3,5Euro auf 5km. Alternativ gibt es noch Busse, die aber immer über die Innenstadt fahren und dadurch ziemlich lange brauchen können, sowie teilweise sehr moderne Straßenbahnen, die mir bisher noch nicht weiterhalfen. Seit ich in Cluj bin laufe ich daher ziemlich viel, so sehe ich fast jedes Mal eine neue Ecke der Stadt, genieße das Leben langsamer und werde hoffentlich auch etwas sportlicher, denn ohne einen guten Hügel zu erklimmen kommt man hier nicht an sein Ziel.

Dienstag, 2. September 2014

Klara Gabor, "the rebel in a gypsy dress"

Über einige Umwege kam es dazu, dass Becky (20jährige reisende Amerikanerin) und ich durch die ganze Stadt und einen Hügel hinauf wanderten um eine Stunde mit Klara, einem 23 Jahre jungen Gypsy-Mädchen, zu verbringen. Sie spricht fließend Englisch und versucht mit Vorurteilen aufzuräumen, in dem sie, gegen einen kleine Bezahlung, solch spannende Gespräche bietet. Für Klara ist der Ausdruck "Gypsy" übrigens vollkommen OK und traditionell, sie findet "Roma" eher gekünzelt, aber Vorsicht: das sieht jede/r anders.

Sie selber heiratete mit 16Jahren und bekam mit 18 ihr erstes Kind, beides in ihrer Kultur tendenziell spät. Ihr 5jähriger Sohn lebt bei ihren Eltern, 2 Stunden Fahrt entfernt, denn inzwischen wohnt sie mit ihrem zweiten Mann und ihrer 5 Monate alten Tochter, sowie mit noch einigen weiteren (angeheirateten) Familienmitgliedern, in Cluj-Napoca. Sie alle gehoeren der Kaste (aus Indien stammend) der Metallarbeiter an. Außerdem hat sich Klara Nähen beigebracht und vertreibt bald vereinfachte Gypsy-Kleider im Internet, www.tzigania.com/storeromadress.html, damit auch Nicht-Gypsys in aller Welt Interesse entwickeln.

"Klara ist ein Freak"! 
...mögen ihre Bekannten sagen, denn sie ist gebildeter als ihre Frauen sein sollten.


Bildung: Die Mädchen dürfen traditioneller Weise nur 2-5 Jahre in die Schule gehen, Klara möchte ihrer Tochter trotzdem einen Highschoolabschluss ermöglichen. Wo die Eltern mehr Bildung elauben, reicht öfterdas Geld nicht oder die Töchter selbst wollen nicht. Die Jungen können weiter zur Schule gehen während die Mädchen auf ihr Hausfrauendasein vorbereitet werden. So kam es auch, dass Klara sich Englisch selbst beibrachte, mithilfe des (hier weit verbreiteten) englischen Fernsehens mit rumänischen Untertiteln. Was mich beeindruckt ist aber, dass wohl alle rumänischen Gypsys dreisprachig aufwachsen: Rumänisch, Ungarisch und Romani!

Kulturelemente können zwischen den Kasten sehr stark variiren, so wird z.B. in ihrer Kaste eher wenig Musik gemacht, in anderen steht Musik wiederum im Vordegrund. Es gibt andere Kasten wie die der Korbflechter, Pferdehaendler oder der Wald-Gypsys, und NIEMALS mischen sie sich untereinander, das würde Schande über die gesamte Familie bringen (mich beeindruckte ihre leichte Natürlichkeit mit der sie uns dies erklärte). Gemeinsam haben die Gypsys aber scheinbar alle, dass ihnen der Mainstream innerhalb der eigenen Kaste sehr wichtig ist: gehen die meisten zur Zeit in die katholische Kirche dann gehen dort alle hin, obwohl niemand wirklich weis, was die genauen Glaubensgrundlagen der gerade angesagten Kirche sind oder sie vielleicht überhaupt nicht gläubig sind.

Hochzeiten sind in ihren Kreisen weit nicht so wichtig wie bei uns, viele "heiraten" immer wieder, manch eine Ehe dauert nur wenige Tage bis Monate an und bricht dann auseinander, je mehr anstrengende Familienmitglieder im Haus, desto schneller. Nur die erste Hochzeit ist für die Mädchen interessanter, denn dort bekommen sie ihr erstes Tuch zur Haarbedeckung und eine bestimmte Frisur. Weitere Hochzeiten sind dann meist eher Sonntagsessen. In anderen, reicheren Kasten gibt es auch die bekannten großen, lauten Feiern mit 200-300 Gästen.


Dies ist so grob all das, was sie uns in der kurzen Zeit erzählen konnte und ich muss zugeben, dass ich noch nicht weiss, was ich darüber denke. Manchmal beneide ich Kulturen sehr um ihre Traditionen, wie Musik, bunte Kleidung und Feste, aber es schockiert mich auch, wie unselbstständig manche Menschen dadurch werden können. Klara aber ist für mich ein bewundernswertes Beispiel, da sie sehr bewusst lebt, viele Traditionen beibehält, aber trotzdem hinterfragt und wachsam lebt.